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AutorenbildMario Dieringer

Wie mich der Suizid verändert hat



Der Suizid meines Partners, als auch mein eigener Suizidversuch führte in den letzten Jahren in ein tiefes Ringen um Verständnis, das gleichzeitig von einer meditativen Ruhe begleitet wird. Ich denke viel über die Essenz der Existenz, vom Verstehen und Nicht-Verstehen, von der Schönheit und dem Schmerz der dunklen Erfahrung des Todes nach. Manchmal verknüpfe ich die scheinbare Erkenntnis mit Zweifel und Trost als auch Angst. Ich gehe wieder und wieder auf den Pfaden meines manchmal verwirrten Geistes, schaue zurück auf die Narben meiner Vergangenheit und frage nach dem Sinn, der sich in allem verbirgt oder eben nicht. Mein

Denken ist definitiv verwandelt in das Introspektive, eindringlich und ganz sich auch spirituell.


In diesem dichten Geflecht aus Realität und Wahrnehmung, in dem wir alle gefangen sind, führt jeder Schritt zu einer neuen Perspektive. Wir sind umgeben von einer Kugel der Wahrheit, von der wir immer nur einen Ausschnitt sehen. Genau wie bei einem riesigen Gemälde, dessen gesamte Schönheit wir nie auf einmal erfassen können, weil wir stets nur einen Rahmen haben, einen Blickwinkel, durch den wir schauen und immer auch abgelenkt sind durch den andauernden Sturm in unserer Gedankenwelt.


Die Stille, nach der ich oft suche, ist ein Zustand, den viele anstreben, doch nur wenige wirklich erreichen. Es ist eine Sphäre jenseits von Gedanken, die nicht an das Wort gebunden ist, und dennoch scheint sie alle Antworten zu enthalten. Wie paradox, dass die Suche nach dem Absoluten oft von einer dröhnenden Lautstärke der Gedanken übertönt wird. Aber die Stille ist auch ein Spiegel, der uns zeigt, wie und wer wir wirklich sind, wenn der Lärm des Lebens verstummt. Sie schenkt uns Klarheit, schält die Schichten unserer Komplexität ab, bis nur noch das Wesentliche übrig ist. Ich liebe die Reise in diese Stille und bin definitiv dankbar diesen Ort in der Kakophonie des Lebens gefunden zu haben. Sie zeigt mir das Wesentliche und das wirklich Wahrhaftige.


Die Schwere meiner Vergangenheit, geprägt von physischer und emotionaler Gewalt, ist ein dunkler Fleck auf der Leinwand meines Lebens. Und dennoch, in der Stille der Meditation und der folgenden Reflexion verändert sich die Farbe dieses Flecks. Er wird Teil eines größeren Bildes, geformt durch das Verständnis, dass auch die schmerzhaftesten Erlebnisse in einem Kontext stehen, den wir vielleicht nie vollkommen erfassen können. Mein Stiefvater, gezeichnet von einer eigenen Tragödie, zeigt die Mehrdimensionalität von Wahrheit und Schmerz. Auch er steht auf der anderen Seite der Kugel.


Unser Herz und unser Verstand, sind nicht getrennt, sondern arbeiten in einem Dialog, der sowohl flüchtig als auch tiefgreifend ist. Unser Herz kennt Wahrheiten, die unser Verstand erst später zu formulieren vermag. Es ist, als ob die Emotionen und die Intuition die Vorboten der Erkenntnis wären, eine Art Ur-Sprache, die wir oft nicht deuten können, die uns aber dennoch durchs Leben leitet.


Das Ziel ist in der Tat, den eigenen Kern zu finden, jenen stillen Punkt, an dem alle Perspektiven sich annähern und übereinstimmen. Ein Punkt, an dem das Universum nicht nur außen, sondern auch in uns selbst existiert. Ein Zustand, der kurz vor dem Tod zu liegen scheint, aber paradoxerweise auch das Leben in seiner vollkommensten Form repräsentiert. Da möchte ich wieder hin und tatsächlich erreiche ich diesen Punkt immer wieder.


Diese Suche und dieser Wunsch ist so menschlich wie die Suche nach der Stille selbst, wenn der Lärm tödlich zu werden droht. Am Ende sind wir alle Wanderer, die durch die Labyrinthe der Existenz irren, immer auf der Suche nach einem Augenblick der Vollkommenheit, der sich in der Stille verbirgt.


Niemand von uns muss sich das Leben auf immer und ewig durch die Definition all der schrecklichen Dingen, die uns widerfahren sind bestimmen lassen.

Egal in welchem Zustand du dich gerade befindest, sei dir immer sicher, dass du genügst und perfekt bist, wie du bist.


Was Teil von dir ist kann niemals verzerrt werden.

Was dich ausmacht, kann dir niemals genommen werden.


Ich glaube fest daran, dass wenn wir in der Gewissheit leben, dass wir genügen und in jeder Situation genug sind, hören wir sofort auf, innerlich zu schreien.

Erst dann können wir aufmerksamer zuhören und einfühlsamer miteinander interagieren. Und erst dann kannst du dich auf die Reise in die Stille deines Universums machen und dich vom Lärm der Wut, des Hasses, des Stolzes, der Täuschung, der Gier und des Egoismus begeben.

Die Erfahrung des Suizides hat eine Aufgabe in dein Leben gespült und weist die einen neuen Weg. Du musst ihn nur gehen. Sei mutig

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