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AutorenbildMario Dieringer

Drei Jahre ohne Dich

Aktualisiert: 7. Juni 2020


3 Jahre ohne dich

Heute sind es drei Jahre, dass dich der Schmerz aus dieser Welt gerissen hat und daran war ich nicht ganz unbeteiligt. Mein Zorn über Deine Sturheit und meine Angst um Deine Gesundheit haben den letzten Tropfen in ein Fass gefüllt, das über Jahrzehnte gefüllt worden ist. Meine Schuldgefühle hätten mich fast das Leben gekostet und es hat Monate gedauert, bis ich verstanden habe, dass ich nicht die Verantwortung für eine Krankheit tragen kann und all das, was über die Jahre hinweg, lange vor unserer Zeit, passiert ist. Das alles war ein schmerzhafter Prozess mit vielen Ups and Downs. Zu wissen, dass ich die Verantwortung nicht für Deine Entscheidungen in unserer gemeinsamen Zeit tragen kann, ist eine Sache. Der „letzte Tropfen“ eine ganz Andere. Wie oft habe ich mir gewünscht, die Zeit zurück drehen zu können, und unser gesamtes Kennenlernen zu eliminieren. Wie oft dachte ich mir, dass ich Dich hätte verlassen sollen, als wir noch nicht mal zusammen waren. Wie oft wünschte ich mir, Dich wieder und wieder ganz fest in den Arm nehmen zu können und Dir wieder und wieder zu sagen, wie sehr ich Dich liebe und dass ich kämpfen würde, wie ein Löwe, damit es dir besser geht und Du die Zukunft sehen kannst, anstatt mich ständig mit Deinem „Ach Schatz, so alt will ich doch gar nicht werden“ zu quälen. Ich wünschte mir so sehr, du hättest an das Leben glauben können und gespürt, was ich trotz allem, was auch in meinem Leben passiert ist, spüre: Die unfassbare Allmächtigkeit und Schönheit des Lebens und alles was diese Welt ausmacht. Ich habe sie gesehen und erlebt, in all ihren Facetten, immer und immer wieder. Ich wollte sie dir zeigen und hoffte, Du könntest dich doch noch in sie verlieben und Dich in ihr verlieren. Dieser letzte Tropfen ist mein lebenslänglich und wird es immer bleiben. Nicht als Schuld, sondern schlicht als unvermeidliche Tatsache.

Seit drei Jahren laufe ich nun ohne Dich durch diese Welt und das obwohl ich nicht fürs allein sein geschaffen bin und ich mein gesamtes Leben über, nie wirklich Single war. Zurück blieb nicht nur der Schmerz und die Ohnmacht, sondern auch Angst. Panische Angst vor einem neuen Verlust, vor ähnlichen Vorkommnissen, vor eigenen Fehlern, vor Depressionen der anderen. Angst mein Herz wieder zu verlieren und es wieder rausgerissen zu bekommen. Angst und emotionaler Terror bestimmten das erste Jahr zu 100%. Im zweiten Jahr war es vielleicht nur noch die Hälfte. Jetzt im dritten Jahr, ist die Angst und der Terror vorüber und die Zukunft zeigt sich, seit es Trees of Memory gibt, in blühenden berauschenden Bildern. Der Tod, Dein Tod hat dazu geführt, dass sich plötzlich ein Sinn im Leben zeigte, der mir das Leben gerettet hat. Schon die Vorstellung an für sich ist absurd, krank und schrecklich. Ich wollte keinen Lebenssinn, ich wollte nur unser gemeinsames Leben. Egal was noch alles passieren wird, der Preis dafür war zu hoch und sollte es einen Weltenlenker geben, verfluche ich ihn für seine abartigen Spielchen mit uns Menschen. Sollte ich hingegen in einem anderen Dasein, mit einer Handlung eine Ursache geschaffen haben, deren Wirkung ich jetzt zu spüren bekomme, dann ist es so und ich muss damit lebe und daraus lernen.

Ich musste lernen loszulassen und anzunehmen, was war und was ist. Ich habe gelernt, dass Loslassen nicht bedeutet Dich loszulassen, sondern lediglich das, was war. Trauer ist nichts weiter als der Schmerz der Liebe und damit ist Trauer auch Liebe. Trauer ist kein Instrument des Abschied nehmens sondern zeigt allenfalls, wie mächtig der Verlust ist. Nicht mehr zu trauern bedeutet nicht, Dich zu vergessen, denn man kann nicht diejenigen vergessen, die sich einen Platz im Herzen erobert habe. Die Trauer zeigte mir, dass ich weiter mit Dir kommunizieren will, dass ich mit dir in Verbindung bleiben möchte. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Ich habe gelernt, dass ich die Trauer nicht als Instrument benutzen muss, um dich bei mir zu behalten. Der Tod hat Dein Leben beendet, die Liebe hingegen ist unsterblich und hat ihren ewigen Platz. Es gibt keine Notwendigkeit Dich loszulassen. Ich muss keinen Abschied nehmen vom gemeinsamen Leben. Ich muss auch nicht ohne dich Leben, weil Du bist immer da, nur anders. Und trotzdem wird es auch wieder ein Leben geben, das Meines ist und nicht von uns gestaltet oder von Dir bestimmt wird. Ein Leben ganz ohne Dich mit jemandem anderen – eines Tages, so hoffe ich wenigstens. Menschen dürfen sich auch wieder neu verlieben, so wie Mütter nach dem Tod eines Kindes auch wieder neue Kinder bekommen dürfen und können. Zusammen mit Trees of Memory wirst Du immer da sein und das noch lange über meine Lebenszeit hinaus, ohne dass ich von Dir reden muss, weil jeder weiß, wie ToM entstanden ist. Im Grunde ist es dadurch irgendwie auch Dein Werk. Vielleicht hast du es mir ja auch geschenkt, damit ich leben kann. Wer weiß das schon. Vielleicht gibt es auch eines Tages die Möglichkeit, Dich irgendwie und dauerhaft mit Namen zu ehren. Wir werden sehen.

Der Abschied unseres gemeinsamen, früheren Lebens ist vollzogen. Glückliche Erinnerungsmomente wechseln sich mit Traurigkeit und manchmal auch Wut ab. Doch am Ende bin ich dankbar für die Momente, die wir zusammen hatten. Die Momente in denen wir Tränen gelacht haben, als zum Beispiel der Abfluss, wie von Zauberhand verschwunden war. Dabei hatten wir nur eine Plastikwanne in die Spüle gestellt, die vom Schaum bedeckt war. Ich lache mich immer noch tot dabei, sehe uns durch das Spülbecken tasten und kreischen und lachen, dass das doch nicht möglich ist und gleichzeitig laufen mir die Tränen über die Wangen und ich frage mich wieder „wie konntest Du das nur tun?“. Dabei kenne ich ja die Antwort, aus meinem eigenen Erleben.

Bis sich das Leben wieder erfüllend zeigt, dauert es meist einen Moment. Was sind da schon drei Jahre? Tatsächlich sind die vergangenen 36 Monate wie im Flug vorüber gegangen und ich kann zwischenzeitlich sagen, dass ich erfüllt bin. Aber bin ich auch glücklich? Mitunter ja und oft nein. In der Summe? Nicht wirklich. Das Glück zeigt sich immer mehr und es ist nur eine Frage der Zeit, bis es geradezu in mein Leben platzen wird. Ich spüre das immer wieder, wenn ich unterwegs bin, wenn ich Bäume pflanze, wenn ich mit Menschen spreche, wenn ich es schaffe einen Funken meiner Emotionen und meines Urvertrauens weiter zu reichen, wenn ich all die unterschiedliche Unterstützung und Fürsprache für mich und ToM sehe, wenn ich mit Tyrion knuddel oder wenn ich Post bekomme, die mir mitteilt, dass ich mit ein Grund bin, warum sich das Weitermachen lohnt. Ja, dann zeigt sich das Glück in all seinen Facetten und ich weiß, dass dies erst der Anfang ist. Man kann Glück auch zulassen und man muss es wollen. Das dauert halt einen Moment, weil zwischen Wollen und Können gibt es einen Unterschied. Aber wer leben will, kann das Wollen immer erreichen, selbst wenn ihn das Können zunächst mal lähmt. Ich muss noch immer und wieder lernen, Momente der Unbeschwertheit zu leben und mir diese auch zurück zu erobern, Stück für Stück. Dieser Prozess ist noch nicht zu Ende.

Irgendwie liegt jetzt in dieser Sekunde, während ich das schreibe eine Form von Frieden und Zuversicht in mir, der mir die Tränen von eben wegwischt. Und ich kann dich sehen. Kann sehen wie Deine Augen wieder ein wildes Lachfeuerwerk veranstalten und kann fühlen, wie Deine Umarmung wieder ein klein wenig die Zeit anhält und mir einen Augenblick der Stille und Gewissheit schenkt.

Ich danke Dir für unsere unfassbare Zeit und all das was ich durch dich lernen wollte, konnte, durfte und leider auch musste. Ich muss nicht hoffen, dass Du Deinen Frieden gefunden hast, weil ich mir sicher bin und ich fühle, dass es so ist.

Ganz dicken Kuss und dicke Umarmung Bozzele– wo auch immer und wie auch immer Du jetzt gerade bist.

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